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Braunschweiger Zeitung, 12. Oktober 2007

 

 

Biobauer Ulf Lahmann warnt vor dem Endlager-Abfluss Aue/Erse

 

Sorge: Fluss könnte Wiesen kontaminieren - Strahlenschutzamt: Einleitung aus Schacht Konrad unbedenklich

 

Von Florian Arnold und Alice Semrau

 

WIPSHAUSEN. Demonstrativ hat der Voigtholzer Biobauer Ulf Lahmann das Wahrzeichen der Atomkraftgegner im Wendland, ein großes gelbes X. auf einer seiner Wiesen bei Rietze aufgestellt. Zwar befürchtet er keine Atommülltransporte auf der nahen L 320. „Aber ich will darauf aufmerksam machen, dass Abwässer aus Schacht Konrad in die Erse eingeleitet werden". sagt Lahmann.

 

Mit der Aktion ist der grüne Ratsherr in Edemissen etwas spät dran. Seit dem 3. April ist das Endlager für schwach und mittelstark wärmeentwickelnde radioaktive Abfälle – laut der kritischen Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad 95 Prozent des deutschen Atommülls – rechtskräftig genehmigt (BZ berichtete).

 

Offenbar hat die Genehmigungsbehörden und Gerichte das Argument nicht überzeugt, dass die Einleitung von Konrad-Abwässem in die Aue problematisch sei. Darauf fußte wesentlich die Klage der Gemeinde Vechelde gegen das Endlager. Nach dem Vechelder Beritt strömt das Flüsschen durch Wendeburg. hinter der Einmündung des Schneegrabens bei Wense ändert sich sein Name in Erse und es fließt weiter an Wipshausen und ulf Lahmanns Wiesen bei Rietze vorbei.

 

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) bestätigt den PN, dass

die Konrad-Abwässer in die Aue eingeleitet werden sollen: Radioaktive Stoffe können in den Abwässern aus dem übertägigen Kontrollbereich. aus der Grubenwasserübergabestation sowie im Kondensat der Grubenbelüftung enthalten sein."

 

Aus allen Abwässern würden „repräsentative Proben" gezogen. ..Er gibt die Kontrollmessung eine Überschreitung der Grenzwerte, werden die Wässer nicht abgeleitet, sondern zum Zwecke der Endlagerung behandelt". so Michael Linkersdörfer von der Infostelle Schacht Konrad

des BfS. Die Gesamtmenge radioaktiver Stoffe, die jährlich in die Aue gelangen darf sei begrenzt Der Wen liege bei einem Zehntel der natürlichen Radioaktivität „Es gibt keinen Anlass mit der Verstrahlung

von Obst oder Gemüse zu rechnen.“

 

Die AG Schacht Konnid allerdings bleibt skeptisch: .Wegen des geringen Querschitt und der geringen Fließgeschwindigkeit der Aue ist die Einleitung hoch problematisch", sagt Sprecher Peter Dickel. Dem BfS hält er zugute, dass aufgrund der Einwendungen aus Vechelde „ein Wassermanagement unter Tage" eingerichtet werden soll. Dennoch: „Man kann davon ausgehen, dass es Konzentrationspunkte geben wird, etwa im Uferbereich, die sich zufällig, etwa durch Strömungen, ergeben.“

 

Diese Sorge treibt auch Lahmann um. Sensibilisiert ist er durch die Ukrainerin Ruslana Romanets, die derzeit ein Praktikum bei ihm absolviert. Obwohl die Studentin der Agrarökonomie nach dem Tschernobyl-GAU 1986 geboren ist und ihr Heimatdorf über 200 Kilometer von den Meilern entfernt liegt, vermutet die 19-Jährige einen Zusammenhang zwischen der radioaktiven Belastung des Bodens und ihren Hautproblemen. Ein in Deutschland konsultierter Arzt macht ihr geschwächtes Immunsystem für ihre großen Abszesse verantwortlich.

 

Bei Ulf Lahmann will Ruslana etwas über ökologischen Anbau und alternative Energien lernen. In Deutschland hat sie zum ersten Mal ein Windrad gesehen. „In der Ukraine gibt es so etwas überhaupt nicht“, erzählt sie. Trotz Tschernobyl setze das Land weiter auf Atomkraft. Wenn Ruslana bald zurück in ihre Universitätsstadt Vinnitsa fährt, will

sie sich für alternative Energien in ihrem Land stark machen.

 

FAKTEN

 

» Seit einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Apri ist das Atommüllendlager Schacht Konrad rechtskräftig genehmigt Bis 2013 soll der Schacht durch die Peiner Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern (DBF) umgerüstet werden, dann würde eingelagert. Verhindern könnten das noch Klagen der Stadt Salzgitter und der Landwirtsfamilie Traube beim Bundesverfassungsgericht, die aber keine aufschiebende Wirkung mehr haben

 

» Eine Großdemonstration gegen das Atommüllendlager. zu der auch Edemissens SPD und Grüne aufrufen, beginnt am Samstag, 13. Oktober, um 11.55 Uhr auf dem Festplatz SZ-Lebensstedt.

 

Biobauer Ulf Lahmann befürchtet eine Kontamination seiner Wiesen bei Rietze. Seine ukrainische Praktikantin Ruslana Romanets leidet unter ihrem schwachen Immunsystem - möglicherweise eine Tschernobyl-Folge.   Foto: Semrau

 

 

Die Aue entspringt ursprünglich bei Salzgitter-Bleckenstedt Die Quellen wurden verrohrt, das Wasser wird heute unterirdisch zu einem Klärteich der Salzgitter AG geleitet (rechts am Kanal). Sein Abfluss ist nun Ursprung der Aue, in die alsbald der Dummbruchgraben mündet (linker Arm in der Grafik) Ab Wense heißt die Aue: Erse. Sie fließt bei Uetze in die Fuhse.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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